Gerichtsverhandlung gegen uneinsichtigen Autofahrer

18.12.2018
Erst durchbrach er eine Vollsperrung der B472/B11 und dann beschimpfte er unsere Einsatzkräfte als Idioten. Dafür musste sich ein 55jähriger Pkw-Lenker jetzt vor dem Amtsgericht Wolfratshausen verantworten.
Der Einsatz, zu dem wir am 18. Mai diesen Jahres um 21:15 Uhr durch die Leitstelle Oberland alarmiert wurden, war einer der unangenehmen Sorte. Das lag nicht nur an der Gülle, die die Bundesstraße B472/B11 im Bereich Bichl West verschmutzte und von uns beseitigt werden musste, sondern vielmehr an einem uneinsichtigen Autofahrer. Dieser umfuhr unseren Absperrposten, wendete sein Fahrzeug im Bereich einer Verkehrsinsel, überfuhr dabei eine durchgezogene Fahrbahnmarkierung und fuhr mit seinem Kastenwagen quer durch unsere Einsatzstelle. Dabei drängte er sich zwischen dem am abgestellten Löschfahrzeug arbeiteten Einsatzkräften und der Verkehrsinsel durch, so dass die Einsatzkräfte zur Seite treten mussten, um nicht vom Fahrzeug erfasst zu werden. Auch als ihn unser Einsatzleiter im abgesperrten Bereich anhielt, wollte der Fahrer nicht akzeptieren, dass die Durchfahrt für einige Minuten gesperrt ist. Er fuhr mehrfach ruckartig auf den Feuerwehrmann zu und bedrängte ihn massiv. Er hielt erst Zentimeter vor seinen Beinen an. Dadurch wollte er den Einsatzleiter zurückdrängen, um sich freie Bahn zu verschaffen. Erst als er sah, dass die Durchfahrt tatsächlich aufgrund der zur Reinigung verlegten Schläuche nicht möglich war, gab er seinen Plan auf, wendete sein Fahrzeug erneut und fuhr um die Verkehrsinsel in entgegengesetzter Richtung mit hoher Geschwindigkeit davon. Dabei beschimpfte er die Einsatzkräfte die an der Beseitigung der Güllespur arbeiteten als "Idioten" und bezeichnete die Einsatzmaßnahmen als "Kasperltheater". "Ihr Idioten, habt ihr nichts Besseres zu tun", rief er den ehrenamtlichen Einsatzkräften zu.
 
Für unsere Einsatzkräfte, war das Verhalten des Mannes in jedem Fall gefährlich. Gerade das ruckartige Zufahren bis auf wenige Zentimeter stellte eine sehr unangenehme und gefährliche Situation dar. Die Einsatzkraft wusste nicht, ob der Pkw rechtzeitig vor seinen Beinen zum Stehen kommen  oder ihn verletzten würde.
 
Der 55jährige musste sich wegen dieser gefährlichen Handlungen vor dem Wolfratshausener Amtsgericht wegen Beleidigung und Nötigung verantworten.
 
Er gab an, dass er einige Blutkonserven nach Bad Tölz zu transportieren hatte und deshalb die Vollsperrung ignoriert hatte. In der Zeugenvernehmung wurde jedoch klar, dass die Feuerwehr für die Dauer der Arbeiten eine Umleitung über die Ortsdurchfahrt eingerichtet hatte, über die der gesamte Verkehr aus Richtung Sindelsdorf umgeleitet wurde. Auch der Fahrer des Kastenwagens wurde auf diese Umleitungsstrecke abgeleitet. Die Zeitverzögerung die durch die Umleitung entstanden wäre, wurde mit 2-3 Minuten einvernehmlich von allen Zeugen angegeben. Zudem wurde in der Verhandlung klar, dass es sich nicht um einen eiligen Bluttransport gehandelt hatte. 
 
Vor der Anhörung eines weiteren Zeugen, bat der Verteidiger des 55jährigen Angeklagten um ein sogenanntes "Rechtsgespräch". Dazu ziehen sich Richter, Staatsanwalt und Verteidiger zur Beratung hinter verschlossenen Türen in einen Nebenraum zurück. Dabei wurde vereinbart, dass das Verfahren eingestellt werden kann, wenn der Angeklagte bereit ist, eine Geldauflage in Höhe von 1.600€ zu bezahlen. Dem stimmte der renitente Fahrzeuglenker zu. Auf Vorschlag des Richters Helmut Berger ist die Geldauflage jeweils zur Hälfte an die am Einsatz beteiligten Feuerwehren Bichl und Benediktbeuern zu bezahlen. Auf ausdrückliche Bitte des Richters entschuldigte sich der Fahrer am Schluss bei den anwesenden Einsatzkräften.
 
Mittlerweile ist es an der Tagesordnung, dass Einsatzkräfte der Feuerwehr bei Verkehrsabsicherungen und Verkehrssperrungen von den Verkehrsteilnehmern beschimpft und beleidigt werden. Es gibt kaum mehr eine Absicherung, die ohne Diskussionen abläuft. Immer schwieriger wird es deshalb, ehrenamtliche Einsatzkräfte zu finden, die in ihrer Freizeit Verkehrssicherung z.B. bei Veranstaltungen zu finden. Dabei haben Verkehrsanweisungen von Feuerwehrleuten die gleiche rechtliche Verbindlichkeit wie die von Polizisten.
 
 
Noch ein Wort zu dem "Kasperltheater" das wir veranstalteten und ob wir denn "nichts Besseres zu tun" hätten: 
Liebe Verkehrsteilnehmer, wir können euch versichern, dass wir an einem Freitagabend nach einer langen Arbeitswoche um 21:15 Uhr durchaus etwas Besseres zu tun haben, als eine Stunde lang stinkende Gülle von der Fahrbahn zu waschen, die irgendein Dreckbär dort verloren hat, ohne sich um den Schaden und die Sicherheit der nachfolgenden Verkehrsteilnehmer zu kümmern und ohne für den entstandenen Schaden aufzukommen, indem er sich in den Tagen danach und der ausführlichen Berichterstattung in der Presse bei der Polizei gemeldet hätte. Das ganze natürlich ehrenamtlich und unentgeltlich in unserer Freizeit! Ja, auch bei uns hätten an diesem Abend unsere Kinder, Ehefrauen, Ehemänner, Freundinnen und Freunde auf uns gewartet und sich auf einen schönen Abend gefreut. Wir veranstalten dieses "Kasperltheater" zu Euer aller Sicherheit, um zu verhindern, dass Motorradfahrer auf der glitschigen Gülle in der Kurve stürzen oder dass Autos ins Rutschen kommen und es zu einem Zusammenstoß kommt! Auch wenn Beleidigungen und verbale Angriffe mittlerweile zu Tagesordnung gehören und wir versuchen, diese nicht an uns ran zu lassen, so bitten wir Euch im Falle einer Verkehrssperrung, und sei sie noch so ärgerlich, einfach mal durchzuschnaufen, Eure Emotionen nicht an den Einsatzkräften auszulassen und einfach die meistens eingerichtete Umleitung zu benutzen. Ihr könnt Euch sicher sein, dass wir noch NIEMALS eine Strecke aus Lust und Laune heraus gesperrt haben.
Das würde uns sehr helfen und wäre ein Zeichen des Respekts gegenüber der ehrenamtlichen Arbeit unserer Einsatzkräfte!